Stellungnahme zum 100. Nordderby: Emotionen leben, Gewalt und Gefährdungen Dritter zurückdrängen

Ahoi liebe Anhänger des SV Werder,

wer definiert eigentlich, wer Fan ist und wer nicht? Die Ahoi-Crew Osnabrück hat hier eine klare Position: Jeder, der Sympathien für Werder hat und sich selbst als Fan sieht, ist auch einer. Dabei ist es vollkommen egal, ob der Werder-Fan in China oder Delmenhorst wohnt, ob er regelmäßiger, seltener oder gar kein Stadionbesucher ist, ob er sitzt oder steht, ob Allesfahrer oder Sofa-Fan, ob Ultra, Kutte, Fanclubmitglied oder unorganisiert. Daher halten wir überhaupt nichts davon, wenn Fans über das Fan-Dasein anderer Fans urteilen oder richten wollen. Leider tut das Fanbündnis genau das wiederholt auf seiner Internetpräsenz.

Für uns steht der Fußball, steht der Verein SV Werder Bremen im Mittelpunkt. Wir wollen gemeinsam friedliche Fußballfeste genießen. Gewalt im Fußball, ob von Links-, oder Rechtsaußen, geographisch oder religiös motiviert, lehnen wir ab.

Beim Thema Pyrotechnik gehen bei uns im Fanclub die Meinungen auseinander, wobei die Mehrheit eher die Risiken sieht. Klar ist für uns alle, dass Dritte dabei nicht zu schaden kommen dürfen. Der Dritte war beim 100. Nordderby gegen den HSV der SV Werder, der eine Geldstrafe wird bezahlen müssen. Diese zahlt erstmal der Verein, aber natürlich werden solche Kosten immer über Ticket- oder Fanartikelpreise etc. umgelegt. Damit schadet Pyrotechnik der Mehrheit der Werder-Fans und insbesondere denen, die nicht soviel Geld für Stadionbesuche ihres Lieblingsvereins zur Verfügung haben. Auch die möglichen Sanktionen für die Ostkurve oder Bremer Auswärtsfahrer, von Fahnen- oder Choreo-Beschränkungen bis zu höheren Zäunen im Weserstadion, würden alle Fans treffen und nicht nur die kleine Fraktion, die im Stadion zündelt.

Dass Pyrotechnik nicht nur gut aussieht, sondern auch gefährlich ist, haben in den letzten Monaten erst wieder Fälle in Wolfsburg und Freiburg gezeigt. Auch wir Bremer Fans haben in diesem Zusammenhang schon Situationen erlebt, die nur durch Zufall gut ausgegangen sind. Erinnert sei an das Gastspiel in Wolfsburg vor einigen Jahren als eine Papier-Choreo und das zeitgleiche Zünden von Pyrotechnik im Werder-Block beinahe ein unschönes Ende genommen hätte.

Dass der Dachverband Bremer Fanclubs insbesondere den Angriff auf den Hamburger Mannschaftsbus kritisiert, halten wir für absolut richtig. Gesunde Rivalität gehört zum Fußball. Bei tätlichen Angriffen hört der Spaß allerdings auf. Dass der Dachverband Bremer Fanclubs beim Bewerfen des Mannschaftsbusses des HSV den Widerspruch zu den Werten des Fußballs herausstellt ist richtig. Einen Verstoß gegen den Fan-Ethik-Kodex herauszuarbeiten ist aber unglücklich. Wir weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Fan-Kodex den Fanclubs seinerzeit eher aufgezwungen als im Dialog mit den organisierten Fans erarbeitet wurde. Insofern teilen wir an dieser Stelle die Position des Fanbündnisses. Gegen die seinerzeitige Einführung des Kodexes nach dem Motto „Unterschreiben oder keine Berücksichtigung bei Eintrittskarten“ haben wir damals klar Position bezogen, auch wenn wir im Sinne unserer Mitglieder die Erklärung unterschrieben haben, um ihnen weiterhin den Zugang zu Werder-Spielen zu ermöglichen. Um eines ganz klar zu sagen: Die Inhalte des Fan-Kodex sind weitgehend richtig- die Art der Einführung hielten und halten wir jedoch für problematisch. Zudem finden wir die im Fankodex zugrundeliegende Kollektivhaftung falsch: Vergehen gegen die Stadionordnung sollten individuell geahndet werden und nicht zulasten ganzer Fanclubs.

Zurück zur aktuellen Stellungnahme: Dass der Dachverband zwischen dem Einsatz von Pyrotechnik bei Heim- und Auswärtsspielen unterscheidet, erscheint uns nicht sinnvoll. Die Gefahren sind immer die gleichen können zu hohen Geldstrafen für den Verein Werder Bremen führen. Gleichwohl haben auch wir wahrgenommen, dass Werder sehr hart und aktionistisch auf die Vorkommnisse beim Nordderby reagiert hat. Anstatt Kollektivstrafen für die ganze Kurve ins Gespräch zu bringen (höherer Zaun, Choreoverbote etc.) hätten wir uns eine Konzentrierung auf die Verursacher gewünscht, die es rechtlich und finanziell zu Sanktionieren gilt. Was höhere Zäune übrigens gegen das Einbringen und Abbrennen von Pyrotechnik ausrichten oder gegen ein mögliches Abfeuern von Leuchtraketen, muss Herr Fischer nochmal begründen.

Das Verbot von Pyrotechnik ist aber eben kein „ungeschriebenes Gesetz“, wie es Fanprojekt und Fanbündnis schreiben bzw. leugnen. Es ist sogar geschriebenes Gesetz, niedergelegt im Versammlungsrecht, den Brandschutz- und Immissionsschutzbestimmungen. Von versicherungstechnischen Fragen, der Stadionordnung des Weserstadions und der Zertifzierung der verwendeten pyrotechnischen Artikel soll hier gar nicht erst die Rede sein. Insofern verstehen wir die Kritik des Fanbündnisses am Fanprojekt nicht. Es ist aus unserer Sicht völlig logisch, dass auch Mitarbeiter des Fanprojektes im Rahmen ihrer Arbeit auf Basis geltender Rechtslage argumentieren. Das gilt insbesondere deshalb, weil Fanprojekte zu 50% aus der öffentlichen Hand finanziert werden.

Grundsätzlich halten wir als Ahoi-Crew es für essentiell, dass in der Ostkurve ein offenes Miteinander und ein konstruktiver Dialog herrschen. Daher rufen wir alle Seiten zur Fortsetzung des Dialogs und zur weiteren und gerne intensiveren Zusammenarbeit auf. Die persönlichen Angriffe des Fanbündnisses auf ein engagiertes wie verdientes Mitglied des Dachverbandes halten wir für unangemessen und falsch. Das ist keine Dialogbasis, wie wir sie uns wünschen.

Die Mitglieder der Ahoi-Crew schätzen das Engagement und den Einsatz der Ultras. Choreographien wie die zum Dank an Thomas Schaaf oder zum 100. Nordderby haben durch Wanderers und HB Crew wir deshalb gerne finanziell unterstützt. Nachdem sich die Organisatoren der Choreo zum Teil öffentlich als Initiatoren des Abbrennens von Pyrotechnik bekannt haben, ist bei uns im Fanclub eine starke Diskussion entbrannt. Klares Fazit: Kein Geld für Aktionen, die dem Verein schaden. Die Choreo war der Hammer. Die gemeinsam getragene Stimmung im Weserstadion war einfach geil und hat die Mannschaft richtig gepusht. Es ist genial, wieviel Arbeit, Schweiß und Geld investiert wurden. Dafür gelten den Organisatoren unser Dank und unsere Anerkennung. Traurig, dass Unterstützer der Aktion nun das Gefühl bekommen, mit ihren Spenden auch den Kauf von Feuerwerkskörpern subventioniert zu haben. Für solche Aktionen ist die große Mehrheit unserer Mitglieder künftig nicht mehr bereit, zu spenden. Es ist schade, dass die Minuten nach der Halbzeit soviel erstklassige Arbeit und eine beachtenswerte Choreo so stark relativiert und in den Hintergrund haben treten lassen. Das bedauern wir sehr. Wir sind sicher, dass das so auch nicht im Sinne des Fanbündnisses bzw. der Wanderers Bremen war und hoffen, dass die Aktion auch intern schonungslos analysiert und hinterfragt wird. Uns ist klar, dass Tabubrüche wie Pyrotechnik oder harte Sprüche gegen vermeintliche Gegner zu Jugend- und Subkulturen wie den Ultras gehören.

Trotzdem muss die Unversehrtheit der anderen Fans immer gewahrt bleiben. Daher verurteilen wir insbesondere die Sachbeschädigung am Mannschaftsbus des Hamburger Sportvereins. Wir halten es dabei mit Otto Rehhagel: „Wut und Hass sind schlechte Ratgeber.“ Sie stehen weder dem Sport, noch dem SV Werder, noch den Bremer Fans gut zu Gesicht. Wir hoffen, dass der überwiegende Teil der Bremer Fans diesen Satz unterschreiben kann.

Zugleich rufen wir Teile der Medien auf, Dialog und sachliche Debatten über Fankultur und die Sicherheitsdiskussion nicht durch Hysterie, Übertreibung, Effekthascherei und reine Auflagenfixierung zu gefährden.

Lasst uns alle an einem Strang für den SV Werder und friedliche Fußballspiele ziehen.

März 2014
Ahoi-Crew 05 Osnabrück
Offizieller Fanclub des SV Werder Bremen

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